Donauversinkungen /Aachtopf

 
„Brigach und Breg bringen die Donau zuweg“ - so haben wir es einmal in der Schule gelernt.
Durch den Zusammenfluss der Quellflüsse Brigach und Breg entsteht 1,5 km östlich Donaueschingens die Donau.

 
 

Doch ist dies so noch richtig?


Viel Wasser der Donau versinkt
1 bei Immendingen und Fridingen und tritt im Aachtopf wieder zu Tage.
Die Schwarzwald-Donau wird so bei Vollversinkung zum Nebenfluss des Rheins. Eine Besonderheit hierbei ist, dass die oberirdische Wasserscheide nicht „verschoben“ wird, sondern das Wasser aus den Versinkungsstellen diese unterquert.

Hätte der Mensch nicht eingegriffen, würden bei vollständiger Versinkung
1 die Nebenflüsse Krähenbach (Möhringen) und Elta (Tuttlingen) zu den Quellflüssen der Donau.

Donauversinkungen



Schon Anfang des 18. Jahrhunderts wurde ein Zusammenhang zwischen den Donauversinkungen und dem Aachtopf vermutet. Die erste vollständige Versinkung ist auf 1874 datiert. Der entsprechende Nachweis wurde allerdings erst 1877 erbracht als der Geologe Adolf Knop 10kg Uranin, 20t Salz und 1200kg Schieferöl in die Schlucklöcher einbringen lies. Nach 60h konnten alle drei Substanzen im Aachtopf nachgewiesen werden. Weitere Markierungsversuche verfestigten dieses Ergebnis. Hierbei konnten auch weitere Quellen und Bohrbrunnen im Hegau ermittelt werden in denen das Donauwasser wieder "auftaucht". So zum Beispiel auch im Tiefbrunnen Beuren an der Aach der Singener Wasserversorgung.

Immer wieder kam es durch die steigende Zahl an Vollversinkungstagen – Rekord im Jahr 1921, mit 309 Versinkungstagen – zu Streitigkeiten. Durch das fehlende Donauwasser konnten z.B. Mühlen und Wasserkraftwerke nicht betrieben werden. Auch fehlte der Vorfluter für die Abwässer, was machen trocken gefallene Teile der Donau zu einem stinkenden Morast machte.


Durch ein Stauwehr bei Immendingen (damals Baden) wurde ein großer Teil des Wassers zurückgehalten um es über die Versinkungsstellen dem Aachtopf (auch Baden) zukommen zu lassen. Den Anliegern wurde verboten die Versinkungsstellen auf Badischem Gebiet zu verstopfen. Die nachfolgenden von der Donau durchflossenen Württembergischen und Preußischen (Hohenzollernsche Lande) Gebiete fielen somit trocken. Baden verlangte zudem von Württemberg die Unterlassung der Wasserentnahme für ein neues Kraftwerk bei Fridingen. Das Land Württemberg wandte sich nach erfolglosen Verhandlungen daraufhin an den Staatsgerichtshof. Dieser entschied im Juni 1927, dass das Land Baden die vorgenommen Maßnahmen, die zu einer verstärkten Versinkung führten, beseitigten müsse. Württemberg hingegen wurde verpflichtet die Versinkungsstellen auf seinem Gebiet offen zu lassen.

Erst 1963 - nach dem die Gebiete 1952 im Südweststaat Baden-Württemberg aufgegangen waren - konnte eine Einigung erzielt werden. Das Wasser wird über einen Stollen im Möhringer Berg zeitweise um die Versinkungsstellen herumgeleitet. Ein weiterer Stollen, parallel zum Eisenbahntunnel zwischen Fridingen und dem Kloster Beuron, wurde bereits zwischen 1915 und 1923 für das Wasserkraftwerk Fridingen gebaut. Das gesamte Wasser der Donau und Bära wird hierdurch – bis auf eine geringe Restmenge - um der Fridinger Donauschleife mit ihren Versinkungsstellen – herumgeleitet. Allerdings wird die Donau unterhalb Fridingens aufgestaut, so dass die dortigen Versinkungsstellen das ganze Jahr über mit Wasser versorgt werden. Probleme durch die Umgehungs- und Aufstaumaßnahmen ergeben sich allerdings in neuerer Zeit bei der Renaturierung dieser Bereiche.

Eine weitere Umleitung von Donauwasser wurde 1970 im Staatsvertrag zwischen Bayern und Baden-Württemberg zur Sicherung der Landeswasserversorgung von Baden-Württemberg gefordert und im Jahr 2010 in einem Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Tuttlingen bis 2032 erneut festgelegt
Bei Immendingen-Ziegelhütte trifft das Donauwasser auf die zerklüfteten Wohlgeschichtete Kalk-Formation des Weißen Juras (ox2), wo es dem Schichtgefälle folgend versinkt. Gut erkennbar am Aufschluss der Gesteinsschichten oberhalb der Straße parallel zur Donau.

Versinkungen bei Immendingen und Tuttlingen-Möhringen - Donauumleitung bei Immendingen

Karte Donauumleitung Immendingen
Unterhalb von Immendingen wird die Donau aufgestaut, um das Wasser gegebenenfalls teilweise durch einen Stollen im Möhringer Berg um die Versinkungsstellen im Gewann Brühl herumzuleiten zu können.
Stauwehr und Betriebsgebäude der Donauumleitung Immendingen.
"Recht zur Umleitung von Donauwasser bis ins Jahr 2032 gesichert.
Der Staatsvertrag zur Donauwasserentnahme verpflichtet die Landeswasserversorgung
in Niedrigwasserzeiten zur Reduzierung der Entnahmemenge bei Leipheim und soweit möglich zum Ausgleich der entnommenen Wassermenge durch die Umleitung von Donauwasser um die Versinkungsstellen bei Immendingen und Fridingen an der oberen Donau. Der Planfeststellungsbeschluss zur Umleitung, die nie benötigt wurde, war bis zum 31. Dezember 2010 zeitlich befristet. Das Landratsamt Tuttlingen hat ein förmliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt und am 14. Dezember 2010 einen neuen Planfeststellungsbeschluss erlassen. Die Umleitung von Donauwasser ist damit - ebenso wie das Wasserrecht zur Entnahme des Flusswassers - bis 31. Dezember 2032 gesichert." (Geschäftsbericht Zweckverband Landeswasserversorgung 2010)
Blick flussabwärts der Donauschleife im Gewann Brühl unterhalb von Immendingen
Hier finden sich die Hauptversinkungstellen. In niederschlagsarmen Monaten im Sommer und Herbst kann das trocken gefallene Flussbett problemlos begangen werden. Die Versinkungsstellen sind vom nahegelegenen Wanderparkplatz (am Radlerzeltplatz mit Kiosk und Grillplatz) zu erreichen. Auf dem Weg vom Kiosk zu den Versinkungsstellen finden sich mehrere Schautafel mit Erläuterungen.
Vollständige Versinkung am 8.1.2017
Blick flussaufwärts. Versinkungsstellen im Gewann Brühl
und an gleicher Stelle am 8.1.2017  im trockenen Flussbett  fotografiert.
Die Versinkungsstellen sind vom Parkplatz am Eisenbahnviadukt an der Kreisstraße (K5944) von Möhringen nach Hattingen gut zu erreichen.
Ausleitung des durch den Stollen umgeleiteten Wassers wieder in die Donau bei Möhringen.

Ausleitungskraftwerk Fridingen
Versinkungen bei Fridingen, Gewann Stetten und Wangen

Die Donau und Bära werden wenige Meter unterhalb der Bäramündung durch ein Wehr aufgestaut und das Wasser durch einen Einlaufkanal zum Kraftwerk geleitet. Nach der Nutzung im Kraftwerk wird es über einen 1,3 Kilometer langen Stollen wieder in die Donau zurückgeführt. Auf diese Weise wird die 11 Kilometer lange Donauschleife mit den Versinkungstellen umgangen und hierbei eine Nennfallhöhe von über 16m erreicht.
Staustufe des Wasserkraftwerkes Fridingen an der Donau.
Ausleitung des Donauwassers an der Staustufe.
Parallel rechts im Hintergrund fließt das Flüsschen Bära, dessen Wasser mit aufgestaut wird.
Kanal zum Kraftwerk im Bäratal. In der Mitte links ist der kleine Querkanal zum Flüsschen Bära zu erkennen.
Schild am Eingangstor zum Kraftwerk.
Weitere Text: "Als in den Jahren 1919-1923 an dem jetzigen Standort das Donaukraftwerk Fridingen erbaut wurde, stand bereits das Baerakraftwerk. Zeitgleich wurde ein Pumpspeicherkraftwerk an dem Standort gebaut, bestehend aus einer Druckrohrleitung, dem Maschinenhaus und dem Speicherbecken. Das Pumpspeicherkraftwerk ist inzwischen nicht mehr in Betrieb. Das Wasserkraftwerk Fridingen Donau ist ein sogenanntes Ausleitungskraftwerk, dennoch etwas besonderes: Das Wasser wird vom Wehr direkt auf die tiefgelegenen Turbinen geleitet. Anschließend fließt es durch einen schwach geneigten Stollen auf die andere Seite des Berges und dort wieder in die Donau."
Blick vom Knopfmacherfels flussabwärts auf die Donau - Richtung Kloster Beuron.
Der Wasserstollen führt parallel zum Eisenbahntunnel (Schanztunnel) durch den Berg und leitet das Wasser gegenüber des Probstfelsens vor dem Ort Beuron (Kloster) wieder in die Donau. Bildmitte - zwischen den Bäumen - links der Donau erkennbar. Hierbei werden die Versinkungsstellen im Gewann Stetten und Wangen nach Fridingen umgangen.

Aachtopf

Der Achtopf ist in Deutschland die Karstquelle mit der größten Schüttung
Interaktives Panorama des Aachtopfes - die Hauptquellspalte befindet sich rechts unter dem metallenen Fussgängersteg.
(Die Ansicht kann mit gedrückter Maustaste und dem Mausrad bzw. über die Navigationsleiste gesteuert werden)

Lage:


Am NNO Rand der Stadt Aach (476mNN) (Landkreis Konstanz)

Einzugsgebiet:


ca. 280km
2
Das Wasser stammt ca. zu 1/3 aus dem Einzugsgebiet und zu 2/3 aus den Versinkungen der Donau:
Immendingen, Gemarkung Westerwiesen (655mNN u. 651mNN - Luftline ca. 13km);
Tuttlingen-Möhringen, Gemarkung Brühl (652mNN - Luftlinie ca. 12km);
und Fridingen, Gemarkungen Stetten und Wangen (617mNN - Luftlinie ca. 19km).
Durchflussgeschwindigkeit zwischen 2,7 und 5,4 m/s.

Schüttung:


zwischen 1.1m
3/s und 28m3/s - wie bei Karstquellen üblich stark schwankend - durchschnittliche Schüttung ca. 8m3/s.

Mündung:


der Radolfzeller Aach nach 33,15 km in den Bodensee bei Radolfzell und somit in den Rhein.
Blick vom Stauwehr über den Quelltopf
"Gumpen" neben dem Aachtopf am 1.11.2002 nach starken Regenfällen und am 5.1.2010
Das Sarahloch über dem nördlichen Rand der Quelle.
Im südwestlichen Bereich des Achtopfes - am Ende der Ufermauer - befindet sich die "Schwinde", die je nach Quellschüttung von unter 4m³/s - Wasser aufnimmt. Beziehungsweise bei über 5m³/s - als Quelle fungiert. Gut zu erkennen, wenn man etwas Laub hineinwirft, welches dann in die Spalte hineingezogen beziehungsweise herrausgetrieben wird.
In der Mitte des Bildes ist der Wasseraustritt einer weiteren unabhängigen Quellspalte, dem sogenannten Waller, zu erkennen. Die Felsspalte schüttet bei Hochwasser und schluck das Wasser bei Niedrigwasser.
Schon seit 1936 ist ein Wasserkraftwerk mit einer Kaplanturbine am Aaachtopf in Betrieb. 2012 wurde eine neue Fischtreppe fertiggestellt. die nun den Aachtopf mit dem natürlichen Flussbett im Unterlauf verbindet. So können Fische und andere Wasserlebewesen wieder Stromaufwärts bis an die Quelle schwimmen. Die Elektrizitätswerk Aach GmbH investierten hierbei rund 150 000 Euro.
Eingang zur Blätterteighöhle am Parkplatz gegenüber des Aachtopfes. Es handelt sich hierbei um einen ehemaligen Zufluss zum Aaachtopf der während der letzten Eiszeit durch Tieferlegung des Tales abgeschnitten wurde.
Dolinen auf dem Dornsberg, Gewann Eggen. Nach langjährigen Grabungsarbeiten konnte hier ein Durchbruch zum Aachhöhlensystem erschlossen werden.
Zurück zur Übersichtskarte Baden-Würtemberg
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Weitere Informationen:


 
Informationen der Stadt Tuttlingen (Möhringen) zur Donauversinkung
Höhlentauchergruppe Aachprojekt mit ausführlichen Plänen und Beschreibungen.
Informationen der Stadt Aach zum Aachtopf
Pegelstände der Aach bei der Hochwasservorhersagezentrale des Landesamtes für Umwelt, Messung und Naturschutz
Der Aachtopf in Wikipedia
Donauversinkung in Wikipedia
Rechtsstreit zwischen den Ländern Württemberg, Preußen und Baden: Donauversinkungsfall

Aachtopf (kmz-Datei) in Google Earth
Aach in OpenStreetMap

1 Versinkung oder Versickerung?
Leider werden beide Begriffe oft synonym verwendet. Jedoch versteht man in der Geologie / Hydrologie unter
Versickerung bzw. Sickerung die senkrecht nach unten gerichtete Wasserbewegung im Boden oder Lockergestein. So z.B. das Eindringen von Regenwasser in porösen Boden.

Bei einen
Versinkung dagegen wird das Oberfächenwasser (Gewässer) über größere Risse, Klüfte, Spalten oder gar Höhlen abgeführt. Deshalb wurde hier im Text der Begriff Versinkung gewählt, da es sich nachweislich um größere Hohlräume handelt in denen das Donauwasser abfließt.

Karte erstellt mit Maperitive unter Verwendung von Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL.
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